Was ist eigentlich ein Schlüsselroman?

Wenn du mit dem Gedanken spielst, deine Autobiografie zu schreiben, ist der Weg zum Schlüsselroman gar nicht mehr so weit. In diesem Artikel erkläre ich dir, was ein Schlüsselroman ist und worauf du achten solltest, wenn du einen schreiben willst.

Was hat ein Roman mit Schlüsseln zu tun?

Die Bezeichnung „Schlüsselroman“ kommt vom Verschlüsseln – denn obwohl der Schlüsselroman auf den ersten Blick eine ganz normale Geschichte zu sein scheint, ist er in Wahrheit eine verschlüsselte Erzählung über reale Personen. Normalerweise machen Autor*innen das gar nicht so publik. Der Reiz beim Lesen eines Schlüsselromans besteht dann auch darin, zu rätseln, was da nun wirklich erzählt wird und um wen es vielleicht geht.

Schlüsselromane können daher jedes beliebige Genre haben. Gemeinsam haben sie alle, dass sie eine im Kern wahre Geschichte erzählen, aber Zeiten, Namen und manchmal auch Details ändern.

[perfectpullquote align=“full“ bordertop=“false“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Schlüsselromane können jedes beliebige Genre haben.[/perfectpullquote]

Bekannte Schlüsselromane

Das erste Mal habe ich über Schlüsselromane etwas in meinem BWL-Studium gehört, und zwar in einer Vorlesung über Privatrecht. Der bekannte und später toll verfilmte Roman Mephisto von Klaus Mann war nämlich lange Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten – und durfte nicht verkauft werden.

Tatsächlich werden Bücher in Deutschland sehr, sehr selten verboten. Hin und wieder wird mal eins als jugendgefährdend eingestuft, aber Kunst- und Meinungsfreiheit sind so hohe Grundrechte, dass sie besonderem Schutz unterliegen. Gerade in Deutschland haben wir schlechte Erfahrungen gemacht, was die Einschränkung der Kunstfreiheit angeht, und es ist aus demokratischer Sicht sehr wichtig, dass dieses Grundrecht hochgehalten wird.

Wenn allerdings ein anderes Grundrecht dadurch eingeschränkt wird, muss man die beiden gegeneinander abwägen. So war es bei Mephisto. Der Roman erzählt die Geschichte des Schauspielers Hendrik Höfgen, der während der Nazi-Zeit Karriere macht, indem er seine Werte ignoriert und sich opportunistisch verhält – sich also von den Nazis fördern lässt. Vorbild für diese Figur war Gustaf Gründgen, und schon der Name ist so ähnlich, dass Leser*innen damals sofort Bescheid wussten, wer gemeint war. Gründgens‘ Erb*innen erstritten daher, dass das Buch nicht verkauft werden durfte, da sie Gründgens‘ – der im Buch natürlich nicht sehr gut wegkommt – Menschenwürde dadurch angegriffen sahen.

Übrigens ist das Buch seit den 1980er Jahren frei erhältlich, obwohl das Urteil nie aufgehoben wurde.

Natürlich gibt es noch weitere bekannte Schlüsselromane. Truman Capote hat sich durch einen, der nicht einmal fertiggestellt wurde, ziemlich unbeliebt gemacht: Erhörte Gebete schildert Storys aus der New Yorker High Society, deren Liebling er vorher war.  Auch sein Roman Kaltblütig schildert schon wahre Begebenheiten, ist aber kein Schlüsselroman, da hier eben die Figuren nicht verschlüsselt sind.

Der Vertrieb von Maxim Billers Roman Esra wurde 2003 ebenfalls untersagt, weil zwei Personen sich darin wiedererkannten und ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sahen.

Oft schildern Autor*innen selbst Erlebtes (anders als bei Klaus Mann). Die Grenzen zu autobiografischen Romanen sind also fließend.

[perfectpullquote align=“full“ bordertop=“false“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Schlüsselromane sind schon häufiger zensiert worden, weil das Persönlichkeitsrecht als höher angesehen wurde als das Recht auf Kunstfreiheit.[/perfectpullquote]

Worauf du achten solltest, wenn du einen Schlüsselroman schreibst

Vielleicht willst du dich einmal an einem Schlüsselroman probieren. Denn eins zeichnet diesen Roman aus: Nur er mischt die ganz authentische Beschreibung einer Zeit mit der Form des (spannenden) Romans. Er gibt also besondere Einblicke in eine bestimmte Zeit oder ein Milieu. Bevor du loslegst, solltest du jedoch auf ein paar Dinge achten. Die wichtigsten drei habe ich dir hier zusammengestellt.

1. Schreibe mit ein bisschen Abstand.

Jede Geschichte hat zwei (oder mehr) Seiten. Auch die, die du erzählen wirst. Wahrscheinlich würde sich die Geschichte ganz anders anhören, wenn sie aus Sicht einer anderen Figur deines Romans erzählt würde.

Das gilt natürlich für alle Romane. Bei Schlüsselromanen gibt es diese „Figuren“ allerdings wirklich. Sie sind reale Menschen, die du mit der öffentlichen Darstellung deiner Version der Geschichte möglicherweise verletzt. Versuche also, deine ganz eigene Perspektive zu verlassen und schaue auf die Ereignisse mit etwas Abstand – am besten emotional und zeitlich. Dann baust du zum Geschehen, das du schilderst, Distanz auf. Und auch zu dir als Figur, wenn du selbst in deinem Schlüsselroman vorkommst.

2. Schreibe vor allem einen Roman, dann erst einen Schüsselroman.

Egal, wie wichtig die Geschichte, die du erzählst, für dein Leben ist – für deine Leser*innen ist sie nur dann interessant, wenn sie den Maßstäben eines Romans gerecht wird. Denn seien wir ehrlich: So lange du kein*e bekannte*r Autor*in bist, wird sich niemand für deine Erlebnisse interessieren, nur weil es deine sind.

Achte also darauf, dass du nicht nur erzählst, was für dich selbst spannend. Dinge, die wir selbst erlebt haben, sind für uns natürlich absolut relevant. Aber vielleicht haben sie nicht das Zeug zu einer spannenden Geschichte.

[perfectpullquote align=“full“ bordertop=“false“ cite=““ link=““ color=““ class=““ size=““]Egal, wie wichtig die Geschichte, die du erzählst, für dein Leben ist – für deine Leser*innen ist sie nur dann interessant, wenn sie den Maßstäben eines Romans gerecht wird.[/perfectpullquote]

3. Sprich mit den Menschen, deren Geschichte du erzählst.

Wenn du auf Nummer Sicher gehen willst, solltest du die Menschen, die in deinem Schlüsselroman eine Rolle spielen, darauf vorbereiten, dass du über sie schreibst bzw. geschrieben hast. Das bedeutet aber auch, dass du dir überlegen musst, wie du damit umgehst, wenn sie davon nicht begeistert sind (was sehr gut der Fall sein kann).

Wenn du das Projekt auf jeden Fall umsetzen möchtest, solltest du daher nicht fragen, ob das für sie in Ordnung ist, sondern ihnen so respektvoll wie möglich erklären, was du vorhast und wie du sicherstellen wirst, dass sie davon nicht negativ beeinflusst werden.

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